Mit dem Schwarzgrünen Klumpfuß macht die
Österreichische Mykologische Gesellschaftauf eine in naturnahen Tannen-Buchen-Wäldern auf Kalkuntergrund vorkommende, der großen Pilzgattung der Schleierlinge zugehörige Pilzart aufmerksam.
Beschreibung
Die bis ca.10 cm großen jung dunkel olivgrün bis schwarzbraun, später mehr in Richtung gelbbraun entfärbenden Hüte sind feucht sehr schleimig. Abgetrocknet ist die radialfaserig eingewachsene Huthautstruktur zu erkennen. Die 1,5 bis 2,5 cm dicken Stiele sind an der Basis gerandet knollig. Im Zeitverlauf verfärben sich die schwefelgelben Stiele junger Pilze wie bei den meisten Schleierlingen durch anhaftendes Sporenpulver rostbraun. Das Fleisch ist lebhaft schwefelgelb. Der aromatisch-pfefferige Geruch erinnert an Haselwurz und der Geschmack des giftverdächtigen Pilzes ist unspezifisch. Die elliptischen bis mandelförmigen Sporen sind deutlich warzig und messen im Mittel 10 × 6 µm.
Lebensweise
Der Schwarzgrüne Klumpfuß ist ein in erster Linie ein an die Weißtanne (Abies alba) gebundener Mykorrhizapilz. Er steht stellvertretend für eine Gruppe von seltenen Schleierlingen, die in alten naturnahen Buchen-Tannen-Wäldern auf Kalkuntergrund wachsen. Diese Gruppe von Schleierlingen zeigt sich nur in guten Pilzjahren, dann aber oft auch in individuenreichen „Hexenringen“ d. h. als viele kreisförmig angeordnete Fruchtkörper. Die Hauptfruktifikationszeit ist von Mitte September bis Ende Oktober. Er kann aber auch schon im August und noch im November auftreten.
Taxonomische Einordnung
Cortinarius atrovirensist der Cortinarius-Untergattung Phlegmacium (Schleimköpfe) zugehörig. Auf Grundlage phylogenetischer Untersuchungen werden Schleimköpfe mit chromgelben Farbpigmenten neuerdings auch einer eigenen Gattung Calonarius zugeordnet. Diese taxonomische Neuerung ist derzeit jedoch noch nicht anerkannt und umstritten. Cortinarius atrovirens ist phylogenetisch Cortinarius ionochlorus sehr ähnlich (mit z.B. identischen ITS-Sequenzen). Morphologisch und ökogeographisch sind sie jedoch deutlich unterschiedlich und sie werden daher meist als unterschiedliche Taxa geführt.
VerwechslungsmöglichkeitenEine Verwechslung wäre am ehesten mit anderen Schleimköpfen mit chromgelben Farbpigmenten wie
Cortinarius meinhardii,
C. splendens,
C. flavovirensund
C. citrinusmöglich. Die Verwechslungsarten haben aber einen helleren mehr gelblich gefärbten Hut und unterscheiden sich zum Teil auch durch ihre Standortanforderungen und Mykorrhizapartner, also durch ihre symbiontischen Baumpartnerarten.
VerbreitungDie Vorkommen des Schwarzgrünen Klumpfußes beschränken sich auf das natürliche Verbreitungsgebiet der Weißtanne (
Abies alba) in Europa. Die Fundmeldungen konzentrieren sich auf naturnahe alte montane Buchen-Tannen-Wälder sowie Fichten-Tannen-Wälder auf Kalkuntergrund wie sie beispielsweise räumlich begrenzt im Schwarzwald, im Jura-Gebirge, in den karpatischen Voralpen, sowie in nördlichen und südöstlichen Randalpen angetroffen werden können. In der Schweiz liegen Fundmeldungen bis auf eine Seehöhe von 1800 m vor. Aus den kalkhaltigen Wäldern von Abies nordmanniana im Kaukasus und in der Nordtürkei wurde der Pilz nicht gemeldet und auch von außerhalb Europas ist er nicht nachgewiesen.
Funde in ÖsterreichFür Österreich liegen insgesamt 75 Fundmeldungen dieses auffälligen Pilzes vor. Hotspots der Vorkommen liegen beispielsweise im Urwaldgebiet Rothwald im steiermärkisch-niederösterreichischen Grenzgebiet und in einigen Naturwaldreservaten in Vorarlberg. Doch auch im oberösterreichischen Seengebiet, im Grazer Bergland sowie in den Fischauer Bergen und im Biosphärenpark Wienerwald in Niederösterreich ist der Pilz in guten Jahren anzutreffen. Im europäischen Vergleich sind die Vorkommen des Schwarzgrünen Klumpfußes noch relativ gut aufgestellt.
GefährdungIn der von der IUCN erstellten Globalen Roten Liste der Pilze (IUCN Global Fungal Red List; Brandrud et al. 2019) ist der Schwarzgrüne Klumpfuß in der Kategorie NT (near threatend, potentiell gefährdet), close to VU (vulnerable) eingestuft. In der Roten Liste der Pilze Östereichs (zu finden im Verzeichnis der Pilze Österreichs 2016) wurde die Art der Kategorie 4 (potentiell gefährdet) zugeordnet (Dämon & Krisai-Greilhuber 2017). Ganz generell musste in den letzten Jahrzehnten für viele Arten der Schleimköpfe (Untergattung Phlegmacium der Schleierlinge) ein signifikanter Rückgang der Vorkommen beobachtet werden. Vor allem forstwirtschaftliche Maßnahmen (Kahlschläge, Fichtenkulturen, Forstwegebau) haben die Bestände naturnaher Buchen-Tannen-Wälder massiv dezimiert. Der Tannenanteil am gesamten Waldbestand Österreichs wird heute mit ca. 2% abgeschätzt. Positiv hervorzuheben ist, dass sich vorhandene Tannenbestände, welche bis Mitte der 1980er Jahre massiv von Schwefeldioxid-Emissionen geschädigt wurden, zum Teil wieder völlig erholen konnten. Demgegenüber muss in den letzten Jahren z.B. in den Fischauer Bergen am Alpenostrand mit wasserdurchlässigem Kalkuntergrund ein neuartiges trockenstressbedingtes Absterben von Tannen durch die Klimaerwärmung beobachtet werden.
SchutzmaßnahmenFür die Sicherung der Lebensräume des Schwarzgrünen Klumpfußes sind die vorhandenen naturnahen Buchen-Tannen-Fichtenwälder zu erhalten. Weiters wird empfohlen, naturferne Wälder im ehemaligen Verbreitungsgebiet der Tanne sukzessive in naturnähere Wälder rückzuführen. Die Tanne reagiert als Tiefwurzler auch weniger empfindlich auf die Klimaerwärmung als die Fichte und ist weniger vom Befall von Borkenkäfern gefährdet. Daher wird die Weißtanne in forstwirtschaftlichen Kreisen immer wieder als Baum der Zukunft genannt. Das im Juni 2024 von den EU-Staaten mit der Stimme Österreichs beschlossene EU-Renaturierungsgesetz (Nature Restoration Law) bietet auch einen Ansatz zur finanziellen Förderung von Renaturierungsmaßnahmen für die Waldeigentümer. Schlussendlich ist es aber langfristig entscheidend, zukunftsfähige Maßnahmen des Klimaschutzes umzusetzen und die Treibhausgasemissionen massiv und nachhaltig zu minimieren. Dass dies möglich sein kann, zeigt das koordinierte und entschlossene Vorgehen gegen das Waldsterben in den 1980er Jahren, wobei die waldschädlichen Schwefeldioxid-Emissionen innerhalb von wenigen Jahren weitgehend eingedämmt werden konnten.
Quellenverzeichnis BRANDRUD T.-E., 2019: Cortinarius atrovirens. The IUCN Red List of Threatened Species 2019: e.T147163231A147776091. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2019-2.RLTS.T147163231A147776091.en. Accessed on 30 October 2024.
BRANDRUD T. et al., 1990-1993: Cortinarius Flora Photographica Teil 1-5.
DÄMON W., KRISAI-GREILHUBER I., 2017: Die Pilze Österreichs. Verzeichnis und Rote Liste 2016. Teil: Makromyzeten. – Wien: Österreichische Mykologische Gesellschaft.
FRøSLEV T. G., 2006: Molecular phylogenetics and delimitation of species in Cortinarius in section Calochroi (Basidiomycota, Agaricales) in Europe.
https://www.researchgate.net/publication/6604023_Molecular_phylogenetics_and_delimitation_of_species_in_Cortinarius_section_Calochroi_Basidiomycota_Agaricales_in_Europe
LIMATAIINEN K., 2022: Taming the beast: a revised classification of Cortinariaceae based on genomic data. Fungal Diversity Volume 112: 89–170. https://link.springer.com/article/10.1007/s13225-022-00499-9
ROTHE A. et.al., 2011: Tanne – Vom Sorgenkind zum Hoffnungsträger. https://www.lwf.bayern.de/mam/cms04/boden-klima/dateien/lwf_wissen_66_tanne-vom-sorgenkind-zum-hoffnungstraeger.pdf
Text: CHRISTIAN APSCHNER. Bilder: MICHAELA & GERNOT FRIEBES. Das Bildmaterial darf im Rahmen der Berichterstattung zum Pilz des Jahres 2025 unentgeltlich verwendet werden.
[-] weniger Text